Zum Inhalt springen

Der Küchenjunge

Die schlaksige Gestalt saß schon eine Weile in der Ecke. Um sie herum erklang das Klappern und Klirren, Zischen und Brodeln der Hofküche. Zahlreiche Hände waren damit beschäftigt, Gemüse zu putzen, Fleisch zu schneiden und in Töpfen zu rühren. Der junge Bursche saß still da und schrieb eifrig an einem Brief.
„He, du Nichtsnutz! Komm her, die Kartoffeln müssen geschält werden!“, rief jemand zwischen dem Gewirr aus Töpfen, Pfannen und Dampf zu ihm herüber. Er reagierte nicht darauf, senkte die Feder erneut ins Tintenfass und begann den nächsten Satz. Ein Schatten schob sich zwischen das Pergament und die kleine Laterne, die dem jungen Mann als Licht diente.
„Schwelgst wohl wieder in Träumereien, was?“, meinte eine sonore Stimme. „Los, an die Arbeit! Wenn der König das mitbekommt, kriegst du dein Fett weg. Man sagt, so ein Unsinn soll demnächst verboten werden. Nur gut so. Die Herrschaften wollen rechtzeitig ihr Essen haben. Also mach dich ran an die Kartoffeln. Sonst gibts Schelte!“
Gerade noch wollte der Bursche etwas erwähnen, da fühlte er schon den wohlbekannten starken Griff am Kragen, der ihn in die Höhe hob.
„Hopp hopp, wird’s bald!“, klang ihm die Stimme bedrohlich in den Ohren.
„Ist ja schon gut.“, meinte der junge Mann und legte die Feder aus der Hand. Mürrisch schleppte er sich zu dem Berg aus Kartoffeln und nahm sich ein Messer. Während er sie unter dem gelegentlich prüfenden Blick des Hofkoches von ihrer Schale befreite, hing er eigenen Gedanken nach. Er würde seinen Weg gehen und bald aus diesem Elend verschwinden. Es war dumm von ihm, diese Stelle anzunehmen, doch er würde seine Eltern stolz machen.

Diese Geschichte entstand 2013 in meinen Vorbereitungen zu »Niut Pet, die Himmelstadt«. Es ist ein Ausschnitt aus Knerts Leben, der an den Hof König Nesmyrns gegangen ist, um dort als Baumeister anzufangen. Allerdings hatte man ihm nur eine Arbeit in der Küche angeboten. Knert nahm sie an und hoffte, dem König demnächst von seinen Qualitäten überzeugen zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner